Der vordere Augenabschnitt
Der vordere Augenabschnitt erstreckt sich von der Hornhaut über die Vorderkammer bis zur Iris, der Linse und den Ziliarkörper. Die vordere Augenkammer wird begrenzt durch die innere Hornhautfläche, den Kammerwinkel mit dem Trabekelwerk (eine Art Filter) sowie der Vorderfläche von Iris und Linse. Ihr Durchmesser liegt bei 11–12 mm, die Tiefe zwischen 2,6–4,4 mm. Sie steht mit der hinteren Augenkammer über die Pupille in Verbindung.
Die Hornhaut
Die Hornhaut (Kornea) hat mit etwa 43 Dioptrien den stärksten Anteil (circa 70 %) an der Gesamtbrechkraft des menschlichen Auges. Im Zentrum ist die Hornhaut durchschnittlich 0,52 mm dick, in der Peripherie etwa 0,67 mm. Der Durchmesser bei einem Erwachsenen beträgt 10-13 mm.
Die Hornhaut besteht aus 5 verschiedenen Schichten:
- Epithel: oberflächlichste Schicht, regenerationsfähig.
- Bowman-Membran: eine Art Ankerschicht für die Zellen des Epithels.
- Stroma: breiteste Schicht, bestehend aus regelmäßig angeordneten Kollagenfasern, Hornhautzellen und Eiweißen; mitverantwortlich für die Transparenz der Hornhaut.
- Descemet-Membran: elastische Basalmembran.
- Endothel: mitverantwortlich für die Transparenz der Hornhaut, da es mittels aktiver Pumpmechanismen die Hornhaut ständig wässert; nicht regenerationsfähig, Anzahl der Zellen nimmt im Laufe des Lebens ab (bei der Geburt etwa 3500-4000/mm3, im 80. Lebensjahr etwa 2000/mm3.
Die Versorgung der Hornhaut mit Nährstoffen wird sowohl durch den Tränenfilm und das Epithel als auch durch das Augenkammerwasser und das Hornhautendothel bewerkstelligt.
Die Hornhaut ist sehr empfindlich. Schon eine geringe Irritation oder leichte Reizungen durch einen Fremdkörper führen dazu, dass sich die Augenlider reflexartig schließen und mehr Tränenflüssigkeit gebildet wird. Diese Empfindlichkeit wird durch einen hohen Anteil an Nervenfasern, die die Hornhaut durchziehen, begründet. Die Hornhaut ist das am besten innervierte Gewebe des menschlichen Körpers.
Die Augenkammern und das Kammerwasser
Die vordere und hintere Augenkammer sind mit Kammerwasser gefüllt. Das Kammerwasser wird von Zellen des Ziliarkörpers (A) produziert und gelangt von dort in die hintere Augenkammer. Durch die Pupille besteht eine Verbindung zur vorderen Augenkammer. Im Kammerwinkel der Vorderkammer befinden sich eine Filterstruktur (C = Trabekelmaschenwerk) und ein Kanal (B = Schlemm-Kanal) durch die das Kammerwasser wieder abfließt.
Für Gewöhnlich herrscht ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Abfluss des Kammerwassers. Ist dieses Verhältnis gestört, kann es zu einem grünen Star (Glaukom) kommen. Pro Tag werden etwa 3 bis 9 ml Kammerwasser produziert, das Volumen des Augapfels beträgt rund 6,5 ml.
Zu den Aufgaben des Kammerwassers gehören:
- Aufrechterhalten des Tonus des Auges (Augeninnendruck)
- Transport von Nährstoffen und Abtransport von Stoffwechselendprodukten
- Bestandteil des Immunsystems des Auges
Regenbogenhaut und Ziliarkörper
Die Regenbogenhaut (Iris) bildet die Blende des optischen Systems Auge. Die lichtabhängige Pupillenverengung wird durch einen ringförmigen Muskel vermittelt. Ein entgegengesetzt wirkender Muskel führt zum Weiten der Pupille.
Die Regenbogenhaut trennt die vordere von der hinteren Augenkammer und besteht aus zwei Blättern, dem vorderen Stromablatt aus lockerem Melanozyten-haltigem Bindegewebe und dem hinteren Pigmentblatt aus dem zweischichtigen Pigmentepithel. An ihrer Wurzel geht die Regenbogenhaut in den Ziliarkörper über.
Der Ziliarkörper dient der Akkommodation (Verformung der Augenlinse zur Scharfstellung des Bildes auf der Netzhaut) und der Produktion des Kammerwassers.
Die Linse
Die Linse ist wesentlicher Bestandteil des dioptrischen Apparats (15-20 Dioptrien). Sie ist ein bikonvexes, transparentes, gefäßloses Organ mit elastischen Eigenschaften und der Fähigkeit zur Akkommodation (= dynamische Veränderung der Brechkraft der Linse). Ihr äquatorialer Durchmesser beträgt beim Erwachsenen 9-10 mm, ihr axialer Durchmesser 4-5 mm. Die Rückfläche ist stärker gekrümmt als die Vorderfläche. Die Linse trennt den vorderen vom hinteren Augenabschnitt.
Der Aufhängeapparat der Linse besteht aus den Zonulafasern. Diese halten die Linse an ihrer Position und übertragen den Zug des Ziliarmuskels auf die Linse. Durch die Akkommodation können Objekte in beliebiger Entfernung zum normalsichtigen Auge scharf auf die Netzhaut abgebildet werden.
Beim Betrachten naher Objekte ist der Ziliarmuskel angespannt, die Zonulafasern entspannt und die Linse kugelig. Beim Blick in die Ferne entspannt sich der Ziliarmuskel, wodurch die Zonulafasern gespannt werden und sich die Linse abflacht.
Da die Linse mit zunehmendem Alter an Elastizität verliert, wird für das Sehen und Lesen in der Nähe eine Korrektur (Lesebrille) erforderlich (Altersweitsichtigkeit).
Eine weitere, überwiegend altersbedingt auftretende Veränderung der Linse ist der graue Star (Katarakt). Hierbei kommt es zu Trübungen der Linsenrinde und/oder des Linsenkerns. Die Folgen sind eine zunehmende Sehverschlechterung und eine Erhöhung der Blendempfindlichkeit. Behandelt wird der graue Star durch Ersetzen der eingetrübten Linse durch Kunstlinsen.
Seltener tritt der graue Star medikamentenbedingt, infolge von Traumata oder sekundär im Zusammenhang mit Allgemeinerkrankungen auf.